Blackbox Vergütung: Beschäftigte kennen Kriterien fürs Gehalt nur bedingt

Beschäftigten ist nicht immer klar, was Unternehmen mit dem Vergütungssystem signalisieren und entlohnen möchten. Erste Ergebnisse aus einer gemeinsamen Befragung des Autoren-Kollektivs New Pay mit der Hochschule Pforzheim zeigen: Welche Regeln für das Vergütungssystem gelten und unter welchen Bedingungen Unternehmen diese verändern, schätzen Mitarbeitende oft falsch ein.

Autorin: Stefanie Hornung,

Foto: Ryanniel Masucol von Pexels


Der Anpassungsbedarf in Sachen Vergütung ist groß: Die Frage, ob eine Veränderung bei der Vergütung notwendig wäre, bejahte mehr als die Hälfte der Befragten (53,3 Prozent) einer Umfrage des Autorenkollektivs New Pay in Kooperation mit der Hochschule Pforzheim. Immerhin bei 12,1 Prozent arbeitet das Unternehmen auch daran – bei den anderen 41,2 Prozent passiert noch nichts.

 

Es scheitert an einem unsicheren Planungshorizonts, zum Beispiel aufgrund von Folgen der Corona-Pandemie oder Veränderungen der Unternehmensstrukturen (11,2 Prozent), den Führungskräften (11 Prozent) oder an sonstigen Gründen (16,7 Prozent). Die Mitarbeitenden ohne Führungsverantwortung stehen Veränderung nur sehr selten im Weg (2,3 Prozent).

Nur knapp jede(r) fünfte Befragte meint, das eigene Unternehmen habe schon ein Vergütungssystem gefunden, das die richtigen Signale setzt, um als Organisation erfolgreich zu sein. 19,3 Prozent der Teilnehmenden wagt keine Einschätzung, ob eine Veränderung des Vergütungssystems notwendig wäre – obwohl sie das aktuelle Vergütungssystem kennen. Dies spricht für eine klassische Aufgabenverteilung und ein eher starres Rollenverständnis im Unternehmen, bei dem sich Beschäftigte kein Urteil über Regelungen in ihrer Organisation erlauben, auch wenn sie diese direkt betreffen. Weitere 8,6 Prozent trauen sich bei der Frage keine Einschätzung zu und kennen das Vergütungssystem auch nicht.

Häufige Hindernisgründe für Veränderung: Führungskräfte und Planungsunsicherheit


Führungskräfte sehen deutlich häufiger die Notwendigkeit zur Veränderung (64,7 Prozent) als Mitarbeitende ohne Führungsverantwortung (47,5 Prozent). Mitarbeitende ohne Führungsverantwortung trauen sich noch deutlich seltener ein Urteil zu, ob Veränderung am Vergütungssystem notwendig ist (35,3 Prozent) als Führungskräfte (11,8 Prozent).


Offensichtlich wissen viele Beschäftigte nicht, dass aktuell an einer Veränderung des Vergütungssystems gearbeitet wird. Ein Viertel der Befragten Vergütungsexperten gab an, dass eine Veränderung in Arbeit ist, während es unter den Mitarbeitenden, die nicht am Vergütungssystem mitwirken, nur 8 Prozent waren. Außerdem sind die Vergütungsexperten deutlich überzeugter davon, ein gutes Vergütungssystem etabliert zu haben: Unter ihnen glauben dies 31,7 Prozent im Vergleich zu 15 Prozent der nicht am Vergütungssystem beteiligten Beschäftigten.


Offensichtlich ist Nicht-Vergütungsexperten auch nicht immer bewusst, was das Unternehmen an einer Anpassung des Vergütungssystems hindert. Vergütungsexperten gaben deutlich häufiger an, dass Führungskräfte die Veränderung erschweren (12,4 Prozent vs. 6,9 Prozent) und dass ein unsicherer Planungshorizont im Weg steht (15,8 Prozent vs. 9,9 Prozent).



Unter den Möglichkeiten: Teamarbeit, Innovationsfähigkeit, Bedürfnisse kaum berücksichtigt

Die Aspekte, die Unternehmen bei der Entlohnung berücksichtigen, umfassen eine große Bandbreite. Die Top-3-Kriterien sind Verantwortung in Form von Führung, Budget und Entscheidungsdruck (14 Prozent), Erfahrung (12,2 Prozent) und formale Qualifikation (12,1 Prozent). Weniger als jeder zehnte Befragte nannte auch Fachexpertise (9,1 Prozent), Leistung anhand von Zielvereinbarungen (8,2 Prozent), Arbeitszeit (7,7 Prozent), Komplexität der Aufgaben (7,1 Prozent) und Marktwert (7,1 Prozent) als Vergütungskriterien.

 

Aspekte, die sich eher in einem New-Work-Umfeld finden könnten oder eine intensivere Auseinandersetzung mit der Wertigkeit von Aufgaben erfordert, fanden sich am unter Ende der Skala. Dazu gehören Aspekte wie Entlohnung von Teamarbeit, Innovationsfähigkeit, Wünsche und Bedürfnisse der Beschäftigten und Honorierung unbeliebter Tätigkeiten. Auch unter den Ergänzungen nannten die Teilnehmenden eher traditionelle Vergütungskriterien wie etwa Betriebszugehörigkeit.

Mitarbeitende, die nicht am Vergütungssystem mitwirken, schätzen die Kriterien zum Teil deutlich anders ein als Vergütungsexperten. So halten Nicht-Vergütungsexperten etwa zu 14,4 Prozent die formale Qualifikation für bedeutsam – unter den Vergütungsexperten sind deutlich weniger Befragte der Meinung (5,1 Prozent).

Auch die Bedeutung des Marktwerts verkennen viele Befragte, die nicht am Vergütungssystem mitwirken. Dieses Kriterium hielten nur 5,5 Prozent für relevant, während es bei den Vergütungsexperten 11,9 Prozent waren. Zudem zählt die Komplexität der Aufgaben deutlich mehr als viele vermuten: 10,9 Prozent der Vergütungsexperten nannten dieses Kriterium, bei den Beschäftigten, die nicht am Vergütungssystem mitwirken, waren es nur 6,3 .

 

Diese Ergebnisse lassen vermuten, dass viele Mitarbeitende ihr Vergütungssystem nicht so gut kennen – es könnte sich um einen Hinweis auf mangelnde Transparenz handeln. Bei der Interpretation ist aber zu bedenken, dass die Befragten aus unterschiedlichen Organisationen kamen, was die Diskrepanz zum Teil erklären könnte.


Über die Befragung


Wir als Autoren-Kollektiv für New Pay (Stefanie Hornung, Nadine Nobile und Sven Franke) haben im November und Dezember 2020 gemeinsam mit der Hochschule Pforzheim 430 Beschäftigte mit und ohne Vergütungsexpertise befragt. Die quantitative Befragung wird zusammen mit einer qualitativen Befragung in den „New Pay Report“ einfließen, der Anfang Juli 2021 erscheint. Wir haben dafür untersucht, welche Bedeutung die sieben Dimensionen von New Pay (Fairness, Transparenz, Selbstverantwortung, Partizipation, Flexibilität, Wir-Denken und Permanent Beta) für Unternehmen haben, welche Wechselwirkungen es dabei gibt und welchen Einfluss die Unternehmenskultur darauf hat.


Hinweis: Die Angabe "Mitwirkung oder keine Mitwirkung am Vergütungssystem" bezieht sich auf die Angaben der befragten Personen

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