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  • Sarah Maximilian

Report: Auf diese "Benefits" setzt die Digitalwirtschaft

Aktualisiert: 21. Aug. 2023

Flexible Arbeitszeiten, Homeoffice-Optionen, kreative Arbeitsumgebung, attraktive Benefits – Start-ups und Softwareunternehmen gelten gemeinhin als Vorreiter für eine coole Arbeitskultur. Besonders im Fokus steht inzwischen die Weiterentwicklung der Beschäftigten. Das ergab eine Befragung von 125 Unternehmen der Digitalwirtschaft, die wir vom New Pay Collective gemeinsam mit dem französischen Compensation-Start-up Figures durchgeführt haben. 


Ein Spatz der auf einer Hand vor einer grünen Wiese sitzt
Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach - nach diesem Motto gestalten viele Firmen der Digitalwirtschaft ihre Benefit-Programme. Foto: Unsplash

Das Wort „Benefit“ kommt aus dem Englischen und bezeichnet einen Nutzen oder Vorteil. Im Zusammenhang mit Vergütung sind damit freiwillige betriebliche Zusatzleistungen gemeint – monetär oder nicht-monetär. Klassische Benefits lassen sich in die Bereiche Altersvorsorge, Gesundheit, Mobilität, Familie oder Finanzen clustern.


Auch Arbeitsplatzmaterialien und Arbeitsbedingungen können für Beschäftigte einen Zusatznutzen bieten, wenn sie über die Grundvoraussetzungen der eigenen Arbeit hinausgehen. Sogar die individuelle Weiterentwicklung betrachten inzwischen viele Unternehmen als Zusatzleistung. Dies ist sie aber nur dann, wenn es um Weiterbildung jenseits der betrieblichen Erfordernisse geht, die vor allem der persönlichen Karriereentwicklung dient. Dennoch sehen gerade Unternehmen der Start-up- und Digitalwirtschaft hier den größten Zusatznutzen, den sie ihren Beschäftigten bieten. 



Wir haben in unserer Befragung Start-ups und Digitalunternehmen gefragt: Welche Benefits werden am meisten nachgefragt und in welche wollt Ihr 2023 weiter investieren? Hier das Ergebnis: 


Die beliebtesten "Benefits" der Digitalwirtschaft


Persönliche Weiterentwicklung der Mitarbeitenden auf Platz 1


Laut unserer Befragung investieren größere Unternehmen langfristig und vielfältig in die professionelle Entwicklung ihrer Belegschaft. Während Start-ups eher auf einmalige Events, Austauschformate und ad-hoc organisiertes Lernen setzen, steuern “Grown-ups” die persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten durch ein breit angelegtes Lernangebot. 90 Prozent der Befragten gaben an, den Besuch von Konferenzen für Mitarbeitende zu unterstützen. 57 Prozent stellen Lernplattformen für den eigenständigen Wissenserwerb zur Verfügung. Jedes zweite Unternehmen bietet den Beschäftigten persönliche Coaching- und Mentoring-Programme. Universitäre Weiterbildungsmaßnahmen haben 22 Prozent der befragten Unternehmen im Programm.

  • Möglichkeit an Konferenzen teilzunehmen: Während 67 Prozent der Tech-Start-ups alle Mitarbeitenden an den Netzwerk- und Lernveranstaltungen teilnehmen lassen, differenzieren 53 Prozent der größeren Unternehmen stärker und fördern dies vor allem für Mitarbeitende aus Sales, Produktmanagement und Marketing.

  • Online-Lernangebote: Besonders große Unternehmen (76 Prozent) setzen auf Online-Lernressourcen für selbstgesteuertes Lernen (76 Prozent). Bei Start-ups sind es weniger als die Hälfte (47 Prozent). 

  • Coaching: Das Angebot persönlicher Coachings machen Start-ups seltener als größere Unternehmen (38 vs. 65 Prozent). In größeren Unternehmen (bis zu 500 Mitarbeitenden) gilt das Angebot zu zwei Dritteln (64 Prozent) nur für Führungskräfte und die Geschäftsleitung.

  • Universitäre Weiterbildungsmaßnahmen: Diese zählen die Studienteilnehmer:innen aus Start-ups zu den unbeliebteren Benefits (3 Prozent bieten das) – vermutlich, weil sie eher kostspielig sind. Bei größeren Unternehmen unterstützen diese fast 50 Prozent.


Homeoffice ja, Ausstattung eher nein

Nahezu alle Teilnehmenden (97 Prozent) gaben an, dass sie Homeoffice ermöglichen. 45 Prozent lassen ihren Mitarbeitenden sogar die freie Wahl, ob sie lieber zu Hause oder im Büro arbeiten. 50 Prozent der Start-ups – egal ob mit verfügbaren Büroräumlichkeiten oder reine Remote-Startups – bieten ausschließlich Homeoffice an, während größere Unternehmen Vereinbarungen zu Remote- und Office-Zeiten mit ihren Mitarbeitenden aushandeln. Dadurch sparen Unternehmen oft Bürokosten, geben diese Ersparnisse aber nur begrenzt an Beschäftigte weiter: Nur 52 Prozent der befragten Unternehmen bieten solche Zusatzleistungen – vor allem für Home-Office-Equipment (62 Prozent). In seltenen Fällen werden der Internetzugang (7 Prozent) oder die Energiekosten (7 Prozent) im Homeoffice vom Arbeitgeber übernommen. Sonstige Leistungen wie Tagestickets fürs Co-Working-Space, Pauschalzulagen oder Leihgeräte gewähren 20 Prozent der Unternehmen.


Gesundheit: Hilfe beim Abbau psychischer Belastungen

Im Bereich Gesundheit und Wellness stehen Stress- und Krisenbewältigung im Vordergrund. Unternehmen machen vor allem Angebote, die eine Kombination aus Bewegung, Gemeinschaft und mentaler Gesundheit darstellen. Da psychische Belastungen zunehmen, sind hier Unterstützungsleistungen besonders nötig. 

  • Services für psychische Gesundheit: 44 Prozent der teilnehmenden Firmen bieten Leistungen für die psychische Gesundheit an – darunter vor allemgroße Unternehmen mit 82 Prozent und eher seltenStart-ups (10 Prozent). Yoga, Massage, Meditationen, Gesundheitsberatungsdienste: Das Thema Stressbewältigung und Entspannung wird von den Unternehmen durch breit gefächerte Aktivitäten gestärkt.

  • Sportliche Aktivitäten: Etwa 24 Prozent aller Umfrageteilnehmenden gaben an, dass ihre Mitarbeitenden während der Arbeitszeit sportlichen Aktivitäten nachgehen können. Eigene sportbezogene Einrichtungen sind allerdings selten (11 Prozent). Zudem sind firmeninterne Sportveranstaltungen wie Firmenlauf, Sponsoring von Mitarbeiter-Wettkämpfen oder betrieblicher Vereinssport häufige Zusatzleistungen.


Mobilitätszuschuss: aber bitte nachhaltig!


In Zeiten des Klimawandels sind Zuschüsse für nachhaltige Mobilitätslösungen gefragt. Insbesondere größere Unternehmen haben schon derartige Alternativen zu klassischen Mobilitätsleistungen etabliert (55 Prozent) – darunter die Bereitstellung von Fahrrädern und E-Bikes (44 Prozent) oder subventionierte Fahrkarten für den öffentlichen Nah- und Fernverkehr (37 Prozent). In E-Autos oder Parkplätze mit Ladestationen investieren viele dahingegen noch eher selten (13 Prozent). Das klassische Statussymbol Firmenwagen bieten nur 27 Prozent der befragten Unternehmen in der Start-up- und Digitalwirtschaft, die häufig in großen Städten angesiedelt sind. 



Altersvorsorge und Beteiligungsprogramme: weit abgeschlagen


Klassische Benefits wie Renten- und Versicherungsleistungen sind in der Digitalwirtschaft wenig verbreitet. Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge sind zwar nur bedingt freiwillige Zusatzleistungen. Denn auf Antrag der Beschäftigten müssen Unternehmen Beiträge zu deren Rentenversicherung leisten. Die meisten größeren Organisationen (Unternehmen ab 100 Mitarbeitenden) bieten folgerichtig ihren Mitarbeitenden Pensionspläne an (88 Prozent). Die Direktversicherung ist dabei der bevorzugte Weg (69 Prozent). Im Durchschnitt haben allerdings nur 35 Prozent der befragten Start-ups eine betriebliche Altersvorsorge etabliert. Als Hauptgründe nennen siemangelndes Interesse in der Belegschaft (44 Prozent) und einen zu hohen Verwaltungsaufwand (22 Prozent).  Auch in Sachen Mitarbeiterbeteiligungsprogramme stoßen Unternehmen auf einige Hürden wie lokale Steuervorschriften, Finanzierungsphasen, Höhe des Eigenkapitalpools, fehlende Kenntnisse und geringes Vertrauen. Mehr als ein Drittel der Befragungsteilnehmer:innen bieten keinerlei Mitarbeiterbeteiligung an (36 Prozent). Bei eigenmittelfinanzierten Start-ups sind es noch weniger. Start-ups in den Finanzierungsstufen A bis C+ haben häufiger eine Form der Mitarbeiterbeteiligung eingeführt – für alle Mitarbeitenden (47 Prozent) oder bestimmte Gruppen (42 Prozent). 



Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach


Dass Start-ups stärker auf direkt spürbare Zusatzleistungen setzen als auf Benefits, deren Auswirkungen sich erst in Zukunft entfalten, liegt in der Natur der Sache: Ob sie sich am Markt behaupten, müssen sie erst noch beweisen. Oft zahlen sie geringere Gehälter als etablierte Unternehmen und benötigen gute Argumente, um Fachkräfte zu gewinnen. Menschen, die sich für Start-ups als Arbeitgeber:innen entscheiden, tun dies oft, weil sie in flachen Hierarchien viel Freiheiten genießen, sich ausprobieren können und dabei auch häufig persönlich schnellere Lernkurven haben als anderswo. Deshalb ist es problematisch, wenn sich etablierte Unternehmen anderer Branchen in Bezug auf ihre Benefit-Programme nur an coolen Start-ups oder an Digitalfirmen orientieren.



Was nun?

Fazit und Handlungsempfehlungen für Unternehmen


Generell ist es mit Benchmarks so eine Sache: Wir vergleichen uns mit anderen, die ähnliche Probleme haben wie wir selbst – hier Fachkräfte im Digitalbereich zu finden. Deshalb sollten solche Vergleiche nie der alleinige Maßstab unseres Handelns sein. Ein Benchmark ist nützlich, um sich in einem bestimmten Markt zu verorten und sich auf mögliche Erwartungshaltungen von Beschäftigten einzustellen. Er kann auch als Anregung für das eigene Handeln dienen, wenn es zur Unternehmenskultur und der spezifischen Unternehmenssituation passt.  Wie also nun mit den Ergebnissen dieser Benefit-Studie umgehen? Welche Handlungsoptionen gibt es? Wenn Ihr an Eurem Benefit-Programm oder an Eurer Arbeitskultur arbeitet, könnt Ihr die hochgerankten Punkte unserer Studie als Checkliste heranziehen, um zu prüfen, was davon für Euch in Frage kommt und was nicht. Eine Blaupause für Eure spezifische Lösung sind sie nicht.

 

Über die Studie


Für „The German Benefit Report 2023“ haben wir vom New Pay Collective gemeinsam mit dem französischen Start-up Figures, das Gehaltsbenchmarks und Compensations Management anbietet, von November bis Dezember 2022 125 Unternehmen aus der Digitalwirtschaft befragt. Mehr als die Hälfte der Studienteilnehmenden kommen aus der Tech-Branche. 61 Prozent sind Start-ups mit bis zu 100 in Deutschland tätigen Mitarbeitenden. 73 Prozent der befragten Personen arbeiten für Unternehmen in deutschen Großstädten.

Wer Interesse am kompletten Report zur Studie (auf Englisch) hat, kann diesen hier herunterladen.

 

Über die Autorin

Sarah Maximilian hat braune, schulterlange, gewellte Haare. Sie trägt eine schwarze und steht vor einem weißen Hintergrund mit einer grünen Pflanze.

Sarah Maximilian ist New Pay Praktikerin. Als Organisationsbegleiterin und Zahlenmensch zugleich, entzerrt sie die Begriffe Geld und Wert und sucht nach kulturorientierten Lösungen für Vergütung.

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